Spannungsanalyse mit Dehnungsmessstreifen

Die Spannungsanalyse mit Dehnungsmessstreifen wird angewendet, um die mechanische Spannung in einem Bauteil zu ermitteln.
Bei der Spannungsanalyse mit Dehnungsmessstreifen werden meist Brückenschaltungen mit nur einem aktiven Messgitter eingesetzt.

Bei einem einachsigen Spannungszustand genügt es, die Dehnung mit einem einzelnen Messgitter zu erfassen, wenn die Richtung der mechanischen Spannung bekannt ist. Der Dehnungsmessstreifen dient zur Bestimmung des Betrags der Dehnung. Zur Berechnung der mechanischen Spannung aus der gemessenen Dehnung müssen

  • der Elastizitätsmodul des Materials sowie
  • der k-Faktor des Dehnungsmessstreifens

bekannt sein.

Wenn es sich um einen zweiachsigen Spannungszustand handelt, sollen die Hauptspannungen und die Richtung der Hauptspannungen bestimmt werden. Zur Bestimmung der drei unbekannten Größen sind drei Bestimmungsgleichungen erforderlich. Daher werden drei Messgitter in drei linear unabhängigen Richtungen eingesetzt, z.B. 0°, 45° und 90° oder 0°, 60° und 120°.

Für diese Aufgabe gibt es DMS Rosetten mit drei aktiven Messgittern. Zur Berechnung der mechanischen Spannung aus der gemessenen Dehnung müssen der Elastizitätsmodul des Materials, die Querkontraktionszahl des Materials sowie der k-Faktor des Dehnungsmessstreifens bekannt sein.

Einachsiger Spannungszustand

Der einachsige Spannungszustand tritt zum Beispiel auf bei Zug- und Druckstäben wie in Abb. 1.

Beim Zugstab entsteht das Maximum der Zugspannungen in der Richtung der Kraft.

Für die Längsrichtung gilt:

σ1 = E · ε1 = E · Δ l / l0

In Richtung der Querkontraktion wird eine negative Dehnung gemessen. Die Querkontraktion wird durch die Poisson-Zahl ν beschrieben: ε2 = - ν · ε1.

Die Spannung σ ist eine Funktion des Winkels φ zur Längsachse.

σ = f(φ) = 1/2 σmax ( 1 + cos(2φ) )

Die mechanische Spannung senkrecht zur Längsachse ist 0.

Der Spanungszustand für den Zugstab ist einachsig, der Dehnungszustand ist zweiachsig:

 

ε2 = - ν · ε1
ε1: Dehnung in der 1. Hauptrichtung
ε2: Dehnung in der 2. Hauptrichtung (senkrecht zur 1. Hauptrichtung)
ν: Querkontraktionszahl

Die Dehnung ε ist eine Funktion des Winkels φ zur Längsachse:

ε = f(φ) = 1/2 ε1 [ ( 1 - ν + cos(2φ) (1 + ν) ]

Achtung

  • Die Werkstoffspannung darf nur dann aus Gleichung σ = E ε berechnet werden, wenn die Dehnung in der Kraftrichtung gemessen wurde und der Spannungszustand einachsig ist.

  • In der Querrichtung wird eine Dehnung gemessen, obwohl keine mechanische Spannung vorhanden ist.

Zweiachsiger Spannungszustand

Beim zweiachsigen Spannungszustand treten die maximalen Spannungen in zwei zueinander senkrechten Richtungen auf. Diese Richtungen nennt man Hauptspannungsrichtungen, indiziert mit 1 und 2.

In der Regel sind bei der Spannungsanalyse die Hauptspannungsrichtungen nicht bekannt.

In diesem Fall wird eine Spannungsanalyse mit Rosetten durchgeführt.

Mit der DMS-Rosette wird die Dehnung in drei Richtungen „a“, „b“ und „c“ gemesen.

Die Gitter „b“ und „c“ sind jeweils relativ zum Messgitter „a“ um 45° bzw. 90° gegen den Uhrzeigersinn orientiert (Alternativ werden auch Messgitter 0, 60° und 120° eingesetzt.)

Der Winkel j bezeichnet den Winkel zwischen Messgitter a und der ersten Hauptrichtung.

Für die 90° Rosette (0°, 45°, 90°)  gilt folgender Zusammenhang zur Ermittlung der Hauptspannungen s1 und s2:

Um den Winkel j zu ermitteln, muss ausgehend von der folgenden Berechnung eine Fallunterscheidung durchgeführt werden:

Falunterscheidung zur Bestimmung des Hilfswinkels y (PSI) aus den gemessenen Dehnungen:

Aufgrund der Mehrdeutigkeit der Tangens-Funktion muss nun anhand der Fallunterscheidung festgestellt werden, in welchem der Quadranten I bis IV sich die Lösung für den gesuchten Winkel j befindet:

y = 2 εb - εa - εc   y ≥ 0 y > 0 y ≤ 0 y < 0
x = εa - εc x > 0 x ≤ 0 x < 0 x ≥ 0
Quadrant I II III IV
Hauptrichtung φ = 1/2 · (0° + |ψ|) φ = 1/2 · (180° - |ψ|) φ = 1/2 · (180° + |ψ|) φ = 1/2 · (360° - |ψ|)

Tabelle 1: Bestimmung des Winkels φ aus dem Hilfswinkel ψ anhand einer Fallunterscheidung.
Beachte: es wird der Betrag von ψ eingesetzt.

DMS-Messverstärker für die Spannungsanalyse

ME-Meßsysteme fertigt die geeigneten Elektronikgeräte für die Verstärkung und Auswertung von den DMS-Signalen:

GSV-8 8-Kanal Messverstärker

GSV-1A4 4-Kanal Messverstärker

GSV-6BT 6-Kanal Messverstärker

GSV-2TSD-DI digitaler 1-Kanal Display-Messverstärker

GSV-2MSD-DI digitaler 1-Kanal Display-Messverstärker

GSV-1H-QB analoger 1-Kanal Messverstärker

Literatur

Linksammlung im Forum: linksammlung-spannungsanalyse

In den TechNotes von Vishay werden die Grundlagen der DMS Rosetten dargestellt. Die Gitter "a", "b", "c" sind hier jedoch mit "1", "2", "3" indiziert:
TechNote-515: TN-515-Rosetten_de.pdf
TechNote-512-1: TN-512-1-Schubspannungs_Messung_de.pdf